Wenn es um Reinigung und Desinfektion im Gesundheitswesen geht, steht viel auf dem Spiel – für den Gebäudedienstleister ebenso wie für den Betreiber und auch für Patienten. Mittlerweile gibt es klare Vorgaben und Handlungsempfehlungen – auch für Einrichtungen, die bislang durchs Raster gefallen sind. Alten- und Pflegeheime gehören ebenso dazu wie Arztpraxen, Dialysezentren oder Reha-Kliniken.
Welche Vorgaben gibt es für welche Gesundheitseinrichtung, was davon ist für Gebäudereiniger relevant und vor allem: Wie verbindlich ist das? Neben der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Instituts (RKI) und der DIN-Norm 13063 für Krankenhausreinigung, erschienen im Jahr 2021, gibt vor allem die im Herbst 2022 veröffentlichte Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) Antworten. Nahezu zeitgleich hat der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) den Entwurf der Richtlinien "Management hygienisch relevanter Flächen in medizinischen Einrichtungen – Klassifizierung und Design hygienisch relevanter Flächen" als VDI 5706 vorgestellt. All diese Regelwerke zielen auf die Prävention von nosokomialen – in einer medizinischen Einrichtung erworbenen – Infektionen ab.
KRINKO-Empfehlung in neuer Fassung
Seit Oktober 2022 gilt die überarbeitete KRINKO-Empfehlung "Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen". Sie spiegelt den aktuellen Stand der Wissenschaft zur Vorbeugung von Infektionen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen wider und bereitet damit die Grundlage für Hygienestandards und Präventionsmaßnahmen in allen medizinischen Einrichtungen mit Patientenverkehr.
Während die RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention verpflichtend vorschreibt, wie bei der Reinigung und Desinfektion in Kliniken zu verfahren ist, handelt es sich bei der KRINKO-Veröffentlichung um eine Empfehlung. Das heißt: Die Maßnahmen werden empfohlen, um zu gewährleisten, dass eine nach neuesten wissenschaftlichen Kenntnissen ordnungsgemäße Infektionsprävention stattfindet, und zwar in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Auch wenn die Empfehlung nach wie vor formal unverbindlich ist, kann ein Nichtbeachten im Fall von nosokomialen Infektionen in der Einrichtung dennoch zu haftungsrechtlichen Konsequenzen vor allem für den Betreiber führen.
Für Gebäudereinigungsunternehmen, die im Krankenhausbereich tätig sind, bedeutet dies, dass sie sich bei der Reinigung und Desinfektion in diesen Einrichtungen an die RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention halten müssen und zusätzlich die Inhalte der überarbeiteten KRINKO-Empfehlung beachten sollten.
Reinigung in medizinischen Einrichtungen
RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention: www.rki.de
DIN-Norm 13063 Krankenhausreinigung („Krankenhausreinigung - Anforderungen an die Reinigung und desinfizierende Reinigung in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“, 9.2021: www.beuth.de; der BIV bietet einen Sonderdruck an
KRINKO-Empfehlung 10.2022 („Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“): www.rki.de
Entwurf der VDI-Richtlinien 5706 („Management hygienisch relevanter Flächen in medizinischen Einrichtungen – Klassifizierung und Design hygienisch relevanter Flächen“), 11.2022: www.vdi.de
Die Empfehlung zielt nicht nur auf die Reinigung und Desinfektion von Flächen ab, sondern nimmt auch Stellung zum Thema Basishygiene – mit den Unterpunkten Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen, Händehygiene, Infektionsprävention bei übertragbaren Krankheiten und Aufbereitung von Medizinprodukten. Die Empfehlung enthält auch Anforderungen an die betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Belange sowie alle präventiv notwendigen Maßnahmen rund um die Hygiene. Dadurch ist laut Kommission nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gewährleistet, dass bei der Reinigung und Desinfektion in medizinischen Einrichtungen eine ordnungsgemäße Infektionsprävention betrieben wird und die Patienten vor nosokomialen Infektionen geschützt sind.
Gilt jetzt für alle Einrichtungen
Entscheidend bei der Neufassung der KRINKO-Empfehlung ist, dass darin nun alle medizinischen und pflegerischen Einrichtungen mit einbezogen werden. In der RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention geht es hingegen nur um Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen in Kliniken. Alle anderen medizinischen Einrichtungen sind in der Richtlinie nicht explizit erwähnt und einbezogen. Die neue KRINKO-Empfehlung schließt diese Lücke und benennt neben Krankenhäusern nun auch Arztpraxen aller Art, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Dialysezentren, Rehabilitationseinrichtungen oder Alten- und Pflegeheime. Vereinfacht dargestellt empfiehlt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, angesiedelt beim Robert Koch-Institut, die Umsetzung in allen medizinischen Einrichtungen, bei denen für Patienten die Gefahr einer nosokomialen Infektion besteht. Dass nun auch endlich Alten- und Pflegeheime dazugehören, bedeutet für das Gebäudereiniger-Handwerk letztlich ein deutlich höheres Maß an Sicherheit bei der Reinigung und Desinfektion entsprechender Objekte.
In der Vergangenheit hatten Gebäudedienstleister bei der Reinigung medizinischer und pflegerischer Einrichtungen oftmals das Problem, dass die Einrichtungsleitungen keinerlei Vorgaben bezüglich der Desinfektion der Flächen gemacht haben. Die Reinigungsintervalle wurden teilweise rein nach wirtschaftlichen und nicht nach patienten- beziehungsweise einrichtungsspezifischen Anforderungen festgelegt. Somit war oft der Gebäudedienstleister gefordert, die Einrichtungsleitung beziehungsweise den Betreiber davon zu überzeugen, dass Teile der Oberflächen sinnvollerweise öfter und desinfizierend gereinigt werden sollten.
Neuerung für Alten- und Pflegeheime
Durch die Einbeziehung aller medizinischen und pflegerischen Einrichtungen hat die Kommission nun die seit vielen Jahren vorherrschende Unsicherheit bei der Reinigung und Desinfektion zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen beendet. Die oft gehörte Argumentation aus diesen Objekten – Alten- und Pflegeheime seien keine medizinischen Einrichtungen, verbindliche Vorgaben gebe es nicht, Desinfektions- und Hygienepläne seien nicht nötig – gehört damit der Vergangenheit an.
Die KRINKO spricht sich dafür aus, dass bei der Reinigung und Desinfektion in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen aller Art analog zur Reinigung und Desinfektion im Krankenhausbereich zu verfahren ist. Dabei macht die Kommission auch Angaben zu Organisation der Reinigung, Umfang der Flächenreinigung und Notwendigkeit der Desinfektion. Auch benennt sie die Rahmenbedingungen und Verfahren für qualitätsgerechte Reinigung und Desinfektion in Abhängigkeit der jeweiligen Risikobereiche.
Zuordnung der Risikobereiche unter praktischen Aspekten
Bei der Zuordnung der Risikobereiche für Patienten und Mitarbeiter setzt die KRINKO-Empfehlung auf ganz praktische Aspekte. Die Flächen werden nach folgenden Kriterien unterteilt:
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit der mikrobiellen Kontamination der Fläche?
- Wie hoch ist das Potenzial zur Freisetzung von Krankheitserregern mit unterschiedlicher Patientengefährdung?
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mit der sich Personal oder Patienten direkt an der Fläche kontaminieren können?
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten die Fläche kontaminieren können?
- Wie hoch ist die Infektionsanfälligkeit des Patienten, zum Beispiel bei Immunschwäche, chronischen Erkrankungen oder Immunsuppression?
- Besteht eine Gefährdung des Personals durch Krankheitserreger?
Diese doch sehr pragmatische Einstufung wurde von der Kommission vor dem Hintergrund gewählt, dass die neu aufgenommenen medizinischen Einrichtungen ihre Flächen den jeweiligen Risikobereichen entsprechend zuordnen können. Praktischerweise liefert die KRINKO-Empfehlung für die so eingeteilten Bereiche und Flächen gleich Beispiele für die passenden Verfahren und Desinfektionswirkstoffe mit. Dieses Vorgehen wurde nötig, da neu hinzugekommene Einrichtungen wie beispielsweise Zahnarztpraxen eher nicht über Hygienefachkräfte oder tieferes Wissen über das Thema Reinigung und Desinfektion in Gesundheitseinrichtungen verfügen. Durch die praktische Darstellung der Risikobereiche anhand der Patientengefährdung sollte es auch weniger versierten Einrichtungsleitungen möglich sein, die richtigen Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen festzulegen.
Die Leitung der Einrichtung ist verantwortlich
In der überarbeiteten Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention ist auch geregelt, dass die Leitung der medizinischen oder pflegerischen Einrichtung für die Erstellung der Hygiene- und Desinfektionspläne sowie für die Auswahl des bei der Desinfektion einzusetzenden Wirkstoffs unter Beachtung des erforderlichen Wirkungsspektrum verantwortlich ist. Weiter wird die Bereitstellung der notwendigen personellen und materiellen Ausstattung zur Gewährleistung der qualitätsgerechten Reinigung und desinfizierenden Flächenreinigung einschließlich der Aufbereitungstechnik gefordert. Dadurch werden hygienisch relevante Oberflächen sicher gereinigt und desinfiziert. Durch die geforderten regelmäßigen Mitarbeiterschulungen und die Dokumentation der Schulungs- und Trainingsmaßnahmen ist auch die Qualität und kontinuierliche Verbesserung der Durchführung der Reinigung und Desinfektion gewährleistet.
Vorgetränkte Textilien bei der desinfizierenden Reinigung
Die Reinigungs- und Desinfektionsverfahren müssen so organisiert und durchgeführt werden, dass es nicht zu einer Erhöhung der mikrobiellen Belastung und zu einem Ausbringen beziehungsweise Verteilen von Krankheitserregern auf den Flächen kommt. Dies bedeutet für die Gebäudereinigung, dass vorgetränkte Reinigungstextilien bei der desinfizierenden Reinigung zum Einsatz kommen sollten. Auch bestimmt die KRINKO-Empfehlung – in Abhängigkeit vom Grad der Verunreinigung –, dass vor der desinfizierenden Reinigung ein zweistufiges Reinigungsverfahren vorgeschaltet werden muss.
Probiotische Reinigungsverfahren
Sehr innovativ ist die Empfehlung bei der Benennung möglicher neuer Desinfektionswirkstoffe. Die Kommission weist darauf hin, dass durch probiotische Bakterien die Vermehrung von Krankheitserregern verhindert werden kann – nach dem Prinzip: mehr widerstandsfähige Probiotika auf der Fläche, weniger Platz für pathogene Keime.
Durch die aktuelle KRINKO-Empfehlung, die DIN-Norm 13063 zur Krankenhausreinigung und auch die VDI-Richtlinie 5706 "Management hygienisch relevanter Flächen in medizinischen Einrichtungen" – sie befasst sich mit dem hygienischen Design von Oberflächen, der Häufigkeit von Desinfektionsmaßnahmen und Schulungsinhalten dazu – werden etliche weiße Flecken bei der Reinigung und Desinfektion in medizinischen Einrichtungen beleuchtet und klare Handlungsempfehlungen gegeben. Wenn Gebäudereinigungsbetriebe diese Vorgaben und Empfehlungen beherzigen und umsetzen, steht dem Erfolg bei der Reinigung und Desinfektion in medizinischen Einrichtungen eigentlich nichts mehr im Weg.
Uwe Büttner | heike.holland@holzmann-medien.de
Uwe Büttner
ist Gebäudereinigermeister, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und selbstständiger Berater mit dem Schwerpunkt öffentliche Ausschreibungen.